| Die Wirtschaftswunderzeit im Norden 1950 bis 1959
Atemberaubend schnell entwickelten sich die fünfziger Jahre. Mit riesigen Schritten erholte sich die Wirtschaft besonders in der ehemaligen französischen, britischen und amerikanischen Besatzungszone. Es war Wirtschaftswunderzeit. Am 2. März 1948 wurde Ludwig Erhard auf Vorschlag der FDP zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gewählt und zeichnete damit für die Wirtschaftspolitik in den westlichen Besatzungszonen verantwortlich. Von 1949 bis 1963 füllte er das Amt des Bundesminister für Wirtschaft aus und galt in dieser Funktion als Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und der Sozialen Marktwirtschaft, die bis heute das Wirtschaftssystem in Deutschland bestimmt. Hildegard Knef sorgte in Die Sünderin für einen handfesten Filmskandal. Vespas eroberten die Straßen und der Käfer von Volkswagen überholte sie. Die Jugendlichen entdeckten die Jeans als rebellisches Symbol des Protests gegen die Tradition und Autorität, sehr zum Schrecken der etablierten Kreise. Auch in der Musik war Rebellion angesagt, jedenfalls bei den jüngeren: Der Rock 'n' Roll erreichte Deutschland. Dieser Tanz, heute einer der fünfzehn Tänze des Welttanzprogramms, begeisterte die Jugend in einem bis dahin unbekannten Ausmaß. Mit Titeln wie dem "Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strand Bikini " machte jedoch auch der Schlager Furore. Caterina Valente mit ihrem Bruder Silvio Francesco und Jan & Kjeld trällerten diesen Cover-Song. Peter Alexander, der charmante Österreicher, machte Karriere. Ein anderer Schlagersänger kam innerhalb kürzester Zeit an die Spitze, der Sohn einer Österreicherin, Freddy Quinn, zunächst nur Freddy genannt, da man sich im Schallplattenpresswerk auf die Schnelle nicht einigen konnte, wie sein Nachname nun eigentlich geschrieben werden sollte. 1954 wurde dieser junge Mann in der Washington Bar in Hamburg-St. Pauli von Jürgen Roland und Werner Baecker entdeckt, die dort als Talentsucher für Polydor unterwegs waren. Seine Themen waren Fernweh, Seefahrt, Junge komm bald wieder, La Paloma, Die Gitarre und das Meer usw. Sie trafen den Nerv der Zeit.
Auf den Plattenspielern drehten sich auch Scheiben von Elvis Presley, Ab 1958 war er auch für einige Zeit im hessischen Friedberg als G.I. stationiert. Seine Ankunft in Bremerhaven wurde von tausenden Fans gefeiert. Die rasante wirtschaftliche Entwicklung führte zu vielen technischen Neuerungen, auch in den Haushalten. In den Küchen wurde viel abwechslungsreicher gekocht, die Elektrizität führte zu mehr Wohlstand, Mixer, Küchengeräte, Staubsauger aus Haustürgeschäften hielten Einzug, die Versorgung der Bevölkerung war wieder sichergestellt. Lebensmittelmarken gab es im Westen schon seit 1950 nicht mehr, im Osten kämpfte man allerdings mit Engpässen und immer ehrgeizigeren Fünf-Jahres-Plänen. 1954 veränderte das Wunder von Bern ein weiteres Mal unser Bewusstsein. Als krasse Außenseiter waren die deutschen Fußballer in die Weltmeisterschaft in der Schweiz gestartet, als bewunderte Sieger gingen sie vom Platz. Jupp Posipal war vom HSV dabei. Das ganze Land jubelte. Mit Entschlossenheit und Teamgeist hatte die deutsche Elf unter dem Trainer Sepp Herberger das Wunder gegen die mächtige ungarische Mannschaft geschafft und wurde damit ein Vorbild für die ganze Nation. Später sprach man sogar von der eigentlichen Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland. Der Blick richtete sich endlich wieder nach vorn. Und manchmal auch nach Osten, denn die beiden deutschen Staatsgebilde, die Bundesrepublik und die Deutsche Demokratische Republik, entfernten sich immer weiter voneinander.
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